Verpflichtende Mediation

Verpflichtende Mediation in Streitfällen des Zivilrechts: das Verfahren ist kostengünstig, der Anwalt muss jedoch bezahlt werden


Das "decreto del fare" (GD Nr. 69/2013, Abschnitt VIII, Art. 84) hat für 4 Jahre, also bis 2017, die verpflichtende Mediation als Zugangsvoraussetzung für ein gerichtliches Vorgehen wieder eingeführt.

Die Pflicht besteht nur für einige Bereiche: Kondominium, Realrechte, Teilungen, Erbfolge, Familienpakt, Miete, Leihe, Vermietung von Betrieben, Schadenersatz infolge von Arzt- bzw. Sanitätshaftung, Schadenersatz infolge von Rufschädigung mittels Presse oder anderer Werbemedien sowie Versicherungs-, Bank- oder Finanzverträge. In allen anderen Bereichen können die Parteien freiwillig eine Mediation einleiten, sei es vor als auch während des Prozesses.

Die Mediation ist die Tätigkeit eines unparteiischen Dritten, welche den zwei (oder auch mehreren) Streitparteien dabei hilft, eine gütliche Lösung des Streitfalls ausfindig zu machen, und einen Lösungsvorschlag formuliert.

Der Antrag auf Mediation muss bei einer Stelle im selben Ort des für den Streitfall zuständigen Richters gestellt werden.

Der Mediationsvorgang darf maximal 3 Monate dauern; verstreicht diese Frist, kann der Zivilprozess beginnen bzw. fortgeführt werden.

Die Teilnahme an der Mediation setzt nunmehr den Rechtsbeistand eines Anwalts voraus. Diese Neuerung bringt Nachteile für die Betroffenen, da sie die Kosten für den eigenen Anwalt (normalerweise keine Bagatellebeträge) in jedem Fall tragen müssen. Die Mediation war als Alternative zum Zivilprozess angedacht worden, um die Streitfälle auf schnellem und kostengünstigem Weg zu lösen. Durch die Neuerung des verpflichtenden Rechtsbeistands mit den dazugehörigen Kosten ergibt sich eine ziemliche Abweichung von den ursprünglichen Zielsetzungen der Mediation.

Es stellt sich die Frage, warum man den Parteien nicht weiterhin das Recht einräumt, sich selbst zu verteidigen? Warum wurden - zum wiederholten Male - die Starken bevorzugt und die Schwachen benachteiligt? Die Norm erkennt den Anwälten auch ein weiteres Privileg an: de facto sagt sie nämlich aus, dass diese Freiberufler aufgrund der Tatsacht, dass sie Rechtsanwälte sind, zugleich auch Mediatoren sind.

Das Gesetz sieht verpflichtendend ein erstes, informatives Treffen vor, welches der Mediator einberuft, um den Parteien das Funktionieren und die Abläufe der Mediation zu erklären. Im Zuge dieses Treffens fordert der Mediator auch die Parteien und ihre Rechtsbeistände auf, sich über die Möglichkeit der Einleitung des Mediationsvorgangs zu äußern. Wenn sie einverstanden sind, so beginnt die Mediation. Findet sich im Zuge des Verfahrens eine gütliche Einigung (Schlichtung des Streitfalls), verfasst der Mediator ein Protokoll, welches von ihm selbst sowie von beiden Parteien unterzeichnet wird, und welchem das Abkommen über die gütliche Einigung beilegt.

Wird das Abkommen von beiden Parteien sowie von ihren Rechtsbeiständen unterzeichnet, erhält es den Status eines "vollstreckbaren Titels" (für die Zwangsenteignung, Liefer- und Herausgabe-Vollstreckung, Vollstreckung der Ausführungs- und Unterlassungspflichten sowie für die Eintragung einer gerichtlichen Hypothek). Die Anwälte bestätigen und bezeugen, dass das Abkommen den Gesetzen und der öffentlichen Ordnung entspricht.

Wird im Zuge des ersten Treffens keine Einigung erzielt, so schuldet man der Mediationsstelle nur die Kosten für Einleitung des Verfahrens und Benachrichtigung. Natürlich sind die Kosten für den Rechtsbeistand des Anwalts zu bezahlen.
Wird die Mediation nach dem ersten Treffen fortgesetzt, so sind jene Kosten zu bezahlen, die bereits in der vorhergehenden Norm vorgesehen waren; das wären z.B. 130 Euro pro Partei für einen Streitfall mit Streitwert bis zu 5.000 Euro, oder 1.000 Euro je Partei für Fälle mit Streitwert von 50.000 bis 250.000 Euro.

Für das Verfahren sind auch Steuervergünstigungen vorgesehen: alle Unterlagen des Vorgangs sind befreit von Stempelsteuer und allen sonstigen Gebühren, Steuern oder Abgaben, die anfallen könnten. Das Mediationsabkommen ist von der Registersteuer befreit, sofern der Betrag von 50.000 Euro nicht überschritten wird. Ist die Mediation erfolgreich, steht den Parteien ein Steuerabzug für die Gebühren der Mediationsstelle zu, bis zu maximal 500 Euro. Ist die Mediation nicht erfolgreich, wird dieser Steuerabzug auf die Hälfte reduziert.

Die Mediation ist kostenlos für jene BürgerInnen, die vor Gericht Anrecht auf Prozesskostenhilfe vonseiten des Staates hätten (einkommensschwache Personen).

Eine weitere Neuigkeit betrifft die automatische Strafe für das Nichtteilnehmen am ersten Treffen: der Richter erlegt jener Partei, die ohne gerechtfertigten Grund, bei einem Streitfall den vom Gesetz vorgesehenen Bereichen, nicht an der Mediation teilnimmt. Der Strafbetrag entspricht dem einheitlichen Beitrag (contributo unificato) für das Gerichtsverfahren.

Mit den neuen gesetzlichen Vorgaben hat auch der Richter mehr Verfügungsgewalt. Vorher konnte er die Parteien nur einladen, eine Mediation zu versuchen - nunmehr kann er sie anordnen. Kommen die Parteien der Anordnung nicht nach, wird das gerichtliche Verfahren gestoppt. Die Anordnung, eine Mediation zu versuchen (natürlich kann das tatsächliche Finden einer Einigung nicht angeordnet werden) kann für alle anhängigen Verfahren ergehen, auch für Berufungsverfahren.

In Bezug auf die Prozesskosten muss man unterscheiden:
  • Bei Ende des Zivilprozesses, falls das Urteil des Richters zur Gänze mit dem Schlichtungsvorschlag übereinstimmt, lehnt der Richter die Spesen des Prozessgewinners ab, falls dieser den Schlichtungsvorschlag abgelehnt hatte, und zwar für den Zeitraum nach Ablehnung des Schlichtungsvorschlags. Zusätzlich verurteilt der Richter diese Partei zur Zahlung der Kosten der unterlegenen Partei für den gleichen Zeitraum, sowie zur Zahlung eines zusätzlichen Betrags an die Staatskassen, der in der Höhe dem bezahlten einheitlichen Beitrag entspricht. Auch muss die Partei für die Kosten des Mediators sowie eines eventuell vorhandenen Experten aufkommen.
  • Auch wenn das Urteil nicht zur Gänze dem Schlichtungsvorschlag entspricht, kann der Richter aus schwerwiegenden und außergewöhnlichen Gründen die Spesen des Gewinners für die Kosten des Mediators und des Experten ablehnen.

Rechtskosten

Es ist leider nicht möglich, genau anzugeben, wieviel man dem eigenen Rechtsbeistand für die Teilnahme an einer Mediation schulden wird. Mit der Reform der Entgelte der Anwälte wurden nämlich keinerlei Parameter für die Vergütung der außergerichtlichen Tätigkeit festgelegt.

Um hier keine unschönen Überraschungen zu erleben, ist es ratsam, vor Beginn der Mediation einen schriftlichen Kostenvoranschlag vom eigenen Anwalt zu verlangen. Nur so kann man bereits im Voraus wissen, wie hoch diese Kosten sein werden.

Kosten

Fixkosten welche die Mediationsstelle verlangt, um die Mediation einzuleiten: 40 Euro + MwSt.

Kosten, die jede Partei zahlen muss, gestaffelt nach Streitwert:
Bis € 1.000,00: € 65,00
Von 1.000,01 bis € 5.000,00: € 130,00
Von 5.000,01 bis € 10.000,00: € 240,00
Von 10.000,01 bis € 25.000,00: € 360,00
Von 25.000,01 bis € 50.000,00: € 600,00
Von 50.000,01 bis € 250.000,00: € 1.000,00
Von 250.000,01 bis € 500.000,00: € 2.000,00
Von 500.000,01 bis € 2.500.000,00: € 3.800,00
Von 2.500.000,01 bis € 500.000,00: € 5.200,00
über 5.000.000,01: € 9.200,00

Nicht bestimmter/bestimmbarer Wert: die Mediationsstelle entscheidet bis zum Limit von 250.000 Euro und teilt die Entscheidung den Parteien mit.


Infoblatt KC 71
Stand: 12.2013