Wenn der Möbelhändler nicht liefert ...

VZS: so kommen Sie zu Ihrem Recht!


In letzter Zeit trudeln beinahe täglich neue Beschwerden über Möbelgeschäfte, vor allem über eine aus der Fernsehwerbung bekannt Kette, in der Verbraucherzentrale ein. Stein des Anstoßes ist in den meisten Fällen eine verspätete oder überhaupt nicht erfolgte Lieferung.

Viele erboste VerbraucherInnen erzählen den BeraterInnen der VZS nahezu dieselbe Geschichte: „Die im Vertrag festgelegten Lieferfristen werden einfach nicht eingehalten. Fragt man im Geschäft nach, heißt es entweder, man solle zuerst den gesamten Preis bezahlen, oder es werden zusätzliche Kosten für die Lieferung eingefordert, die im Vertrag mit keinem Wort erwähnt werden. Man bestellt eine Küche oder ein Möbelstück, und dann wartet man monatelang auf die Lieferung, ohne dass einem die Verspätung in irgendeiner Weise erläutert wird“, so oder ähnlich die Berichte der KonsumentInnen.

Wie im Fall eines jungen Pärchens aus dem Bozner Umland. Sie hatten beim Möbelgeschäft Aiazzone in Bozen den Kaufvertrag für eine Küche und Wohnzimmermöbel unterzeichnet. Den Preis von 12.000 € wollten sie „abstottern“, also wurde mit dem Kaufvertrag ein Ratenkreditvertrag unterzeichnet. Dies geschah im Juni; Küche und Wohnzimmer sollten nach 2 Monaten geliefert werden. Trotz zahlreicher Nachfragen hat das Paar bis heute die Möbel nicht erhalten; und der Händler ist anscheinend nicht in der Lage, einen genauen Liefertermin zu benennen. Und das Paar musste trotzdem die fälligen Raten bereits begleichen.


Wie kommt man in solchen Fällen zu seinem Recht?

„Der Gesetzgeber hat im Bürgerlichen Gesetzbuch Abhilfe für solche Fälle vorgesehen“ erklärt Cristian De Massari, Berater der Verbraucherzentrale. „Grundsätzlich gilt es, zuerst alle rechtlichen und praktischen Aspekte des Vertrags abzuklären. Die erste Frage, die sich VerbraucherInnen stellen müssen, ist: was will ich? Möchte ich die Möbel, oder will ich den Vertrag auflösen und meine Möbel anderswo kaufen?“

Soll der Vertrag von Rechts wegen aufgelöst werden, muss man zuerst überprüfen, ob im Vertrag ein fixer Liefertermin als wesentliche Frist festgelegt („termine essenziale“) wurde. Erfolgt in diesem Fall die Lieferung nicht innerhalb dieses Datums, so gilt der Vertrag von Rechts wegen als aufgelöst. Das Vorsehen eines Fixtermins (und, falls möglich, eines Fixpreises) im Vertrag garantiert eine bessere Ausgangssituation zur Wahrung der eigenen Rechte.

Wurde der Liefertermin im Vertrag nur ungefähr angegeben (z.B. „Lieferung erfolgt zwischen 05.11.2010 und 10.11.2010“), muss man, um den Vertrag auflösen zu können, die nicht erfüllende Partei (das Möbelgeschäft) schriftlich per Einschreiben mit Rückantwort zur Vertragsauffüllung auffordern (Musterbrief). Damit wird für die Erbringung der Leistung (im konkreten Fall also die Lieferung der Ware) ein letzter, unaufschiebbarer Termin von 15 Tagen ab Erhalt des Schreibens festgelegt. Verstreicht dieser Termin, ohne dass die Leistung erbracht wird, gilt der Vertrag von Rechts wegen als aufgelöst (Art. 1454 BGB). Ist diese Frist also verstrichen, ohne dass die Ware geliefert wurde, kann der Verbraucher die sofortige Rückerstattung der bezahlten Anzahlungen verlangen; außerdem kann er eventuell einen Schadenersatz für die aufgrund der Verspätung und der Nichterfüllung erlittenen Unannehmlichkeiten einfordern.


Vorsicht bei Ratenzahlung!

Wurde zugleich mit dem Kaufvertrag auch ein Finanzierungsvertrag unterzeichnet, muss die Aufforderung zur Vertragsauffüllung zur Kenntnis auch an den Kreditgeber gesandt werden; ebenso muss ihm auch die eventuell danach erfolgte Vertragsauflösung mitgeteilt werden. Aber Vorsicht: die Zahlung der Raten kann nicht einfach so unterlassen werden. Man riskiert unter Umständen, ins Verzeichnis der “schlechten Schuldner” beim CRIF eingetragen zu werden. Die gegenwärtigen Normen sehen nämlich vor, dass ein Ratenkredit, der anlässlich eines Warenkaufs abgeschlossen wurde, nur dann aufgelöst werden kann, wenn der sogenannte “funktionale” Zusammenhang zwischen dem Kaufvertrag und dem Ratenkreditvertrag erwiesen ist, und das ist beileibe nicht so einfach. Zum Glück sollte sich dies schon Anfang 2011 ändern, wenn die neuen gesetzlichen Bestimmungen zum Konsumkredit in Kraft treten. Dann gilt nämlich: ist der Hauptvertrag (also der Kaufvertrag) aufgelöst, kann der Verbraucher auch die Auflösung des Kreditvertrags verlangen. Mit der neuen Norm wird der Kreditvertrag nämlich “automatisch” als an den Kaufvertrag gebunden eingestuft. Dies, so schätzt man, wird sich für alle VerbraucherInnen, die sich in einer solchen Lage befinden, als eine große Hilfe herausstellen.

„Eine Vertragsauflösung ist in jedem Fall ein Schritt, der gut überlegt werden sollte – ob nun eine Ratenzahlung läuft oder nicht. Man muss sich vor Augen halten, dass die Gegenpartei höchstwahrscheinlich einen Anwalt mit der Wahrung ihrer Interessen beauftragen wird, was wiederum heißen könnte, dass der Fall vor dem Richter endet. VerbraucherInnen tun gut daran, in der VZS oder bei ihrem Vertrauensrechtsbeistand um Rat nachzufragen. Wem dieses Vorgehen nicht behagt, der muss sich in Geduld üben, und beharrlich die Lieferung der Möbel urgieren – vielleicht höhlt auch hier steter Tropfen den Stein“ so De Massari abschließend.


Medien-Information
Bz, 10.11.2010