Südtiroler Banken – quo vadis?
Corporate Governance und Verantwortlichkeit

Die Südtiroler Sparkasse und die Genossenschaftsbanken galten nach der Finanzkrise und bis zu den Millionenverlusten der Sparkasse allgemein als die Gewinner der Finanzkrise. Wenn auch immer wieder den Kunden beträchtliche Verluste „vermittelt“ wurden (siehe verschiedene Anleihen wie z.B. Argentinien, Cirio, Parmalat, Lehman, verschiedene Aktienfonds, Immobilienfonds, Bankaktien usw.). Trotzdem wartet die Zukunft mit Herausforderungen auf, die ihre Rolle als Finanzintermediäre in Frage stellen.

Eine unausgewogene Geschäftspolitik, geboren aus krampfartigen Impulsen im Sinne eines Wachstums-Diktats, hat – vor allem national, aber nicht nur - viele kleinere und mittlere Kreditinstitute in einen wahren Allmachts-Rausch versetzt, der unweigerlich fatale Folgen nach sich zog. Doch die Krise dieser Banken fußt nicht nur in beschriebener Dynamik, sondern auch in anderen Faktoren. Einer der wesentlichsten Verursacher und Beschleuniger des Scheiterns dieser Bankstrukturen ist in einer unangemessenen Führungsstruktur der Banken auszumachen. Insbesondere ist hier das strategische Supervisionsorgan der Banken gemeint, und zwar der Verwaltungsrat bzw. Vorstand. Der Verwaltungsrat ist, wie bekannt, essentiell für das Leben der Bank als Unternehmen, da er alle strategischen Aufsichts-Entscheidungen der Unternehmensverwaltung trifft, so z.B. durch die Überprüfung und Genehmigung der Entwicklungs- bzw. Finanzpläne oder der strategischen Operationen der Bank.

Mit ihrem betont dezentralen Ansatz bringen die Südtiroler Regionalbanken die besten Voraussetzungen für das digitale Zeitalter mit. Denn in Zeiten der Internetökonomie sind Schlagworte wie dezentral, multipolar, Diversität gefragt. Die vielfältigen Aktivitäten der Südtiroler Banken als Reaktion auf die zunehmende Konkurrenz und das veränderte Kundenverhalten, hat eine zunehmende Komplexität zur Folge. Zwangsläufig stellt sich damit die Frage der Steuerung. Können die aktuellen Strukturen die Vielfalt der Geschäftsmodelle (Privatkunden, Firmenkunden, Direktbanken, Mobile Banking, Private Banking, etc.) noch abbilden?

Das Konzept der Corporate Governance setzt voraus, dass der Blickwinkel verstärkt vom Shareholder-Value auf den Stakeholder-Value bzw. Public Value gelenkt wird. Nur so kann, abgesehen von der Transparenz, die Einbettung in der Region als hervorstellendes Merkmal gelingen. Es gilt sich dieser besonderen Verantwortung zu stellen. Dazu sollte auch in jeden Bankvorstand ein von der Verbraucherzentrale Südtirol vorgeschlagenes Mitglied berufen werden, welches die Compliance und Transparenz im Blickfeld hat. Dadurch wird einmal den geltenden Aufsichtsbestimmungen zur Governance - auch nach Ausschließung von Interessenskonflikten - Rechnung getragen und zum anderen der Wunsch nach Transparenz in der öffentlichen Wahrnehmung berücksichtigt. In Zukunft werden wir als Verbraucherzentrale bei sämtlichen Vergleichen, die jeweilige Bank, die auf diesen Vorschlag eingeht, mit einem „Daumen hoch“ (Like-Button) bezeichnen.

Auch sollten die Südtiroler Banken im Sinne der Verantwortung eine Gemeinwohlbilanz veröffentlichen.

Dieser Vorschlag ist nichts anderes als eine Weiterentwicklung des Leitgedankens der Verbraucherarbeit, welcher – wie vor einiger Zeit für den Gewerkschaftsgedanken geschehen – vom erbitterten Widerstand über Konfliktsituationen zum Dialog bis zur ausgereiften und dennoch auf ihren Eigenheiten und Interessen bedachten Zusammenarbeit übergegangen ist.

Konzentration im Bankenbereich

Der europäische wie auch nationale Druck sowohl auf politischer wie auf Bankenaufsichts-Ebene in Richtung Konzentration ist groß. Vor allem eine vertikale Konzentration sowohl der Raiffeisen-Bankengruppe, wie auch der Südtiroler Sparkasse und der Volksbank untereinander als auch mit anderen „strategischen“ Partnern, würde einen tiefen Eingriff in die gewachsene Struktur bedeuten. Der vertikalen Konzentration ist nicht zuletzt wegen ihrer weitreichenden Konsequenzen, eine klare Absage zu erteilen. Es wird dem „Konzerndenken“ Vorschub geleistet, das sich oft diametral zum Selbstverständnis der Südtiroler Regionalbanken verhält. Zunehmend stellen auch immer öfter wissenschaftliche Publikationen höhere Skalenerträge großer Einheiten im Bankenbereich in Frage. Es gibt beträchtliche Zweifel an der häufig unterstellten positiven Korrelation zwischen Betriebsgröße und Ertragskraft. Eine Bündelung der Kräfte und eine Stärkung der Zusammenarbeit ist jedoch zu befürworten. So können bei der Transaktionsabwicklung sicherlich Größen- und Spezialisierungsvorteile realisiert werden.

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Medien-Information
Presse, 27.01.2016